Sergej O. Prokofieff und die zwölf heiligen Nächte
Alieda Schwaiger-Dijkstra
Zum ersten Mal hörte ich 1977 von den heiligen Nächten als ich mit 21 Jahren eine Stelle an der Waldorfschule in Groningen (NL) bekam. Sie galten als eine stille heilige Zeit von zwölf Nächten zwischen den beiden Winterfesten, Weihnachten und Dreikönigstag (25. Dezember und 6. Januar), in der man sich innerlich stärken und auf das kommende (Schul-) Jahr vorbereiten konnte.
Erst später lernte ich durch Vorträge und Bücher von Hans Stolp1 die tieferen esoterischen Hintergründe kennen und dass es sich eigentlich um zwei Geburtsfeste handelt. Am 25. Dezember feiern wir die Geburt des Menschen Jesus und am 6. Januar bei der Taufe im Jordan die Geburt Christi im Menschen Jesus.
Das innere Erleben dieser Nächte begann jedoch erst 2018, als ich das Buch „Die zwölf heiligen Nächte und die geistigen Hierarchien” in die Hände bekam. Es wurde von Sergej O. Prokofieff (1954-2014) geschrieben, Autor zahlreicher Bücher über das esoterische Christentum und bedeutungsvoller Schüler von Rudolf Steiner.
Im vergangenen September erhielt ich die überraschende Nachricht, dass dieses Buch in holländischer Sprache neu herausgegeben wurde. An dieser Stelle möchte ich auch deutschsprachigen Lesern dieses herzerwärmende Buch von Sergej Prokofieff vorstellen.
Sergej O. Prokofieff beschreibt diese heiligen Nächte als eine mächtige kosmische Leiter von zwölf Stufen, bestehend aus den Sphären des Tierkreises. Stufe für Stufe (Nacht für Nacht) reisen wir in dieser Zeit an den Wesen – den Engelhierarchien die unsere Erde regieren – vorbei, bis hin zur höchsten kosmischen Geistigkeit.
Die verschiedenen Sternensphären zeigen uns den Weg um von einem niederen Menschsein zu einem höheren Menschsein, von einem irdischen Menschen zu einem geistigen Menschen (Christusmenschen), zu entwickeln. Die 12 Nächte vom 25. Dezember bis zum 6. Januar helfen uns den Schleier zwischen unserem niederen Menschsein und unserem höheren Selbst allmählich aufzulösen um bewusst zu werden wer wir in Wirklichkeit sind und woher wir kommen.
Wie dieses Buch entstanden ist
Aus dem Leben von Sergej Prokofieff 2 geht hervor, dass er sich 1976, in einer Zeit großer Unterdrückung im damaligen (und auch heutigen) Russland, einer Gruppe von Gleichgesinnten anschloss. Diese trafen sich bereits seit 1970 heimlich im Zentrum von Moskau um die heiligen Nächte zu feiern.
Initiatorinnen waren zwei in Österreich geborene Frauen; Annie Jahn und Karla Kiniger. Die eine kam eigens dafür aus Dornach, die andere reiste von Edinburgh nach Russland um gemeinsam mit einer Gruppe russischer und georgischer Freunde den Weg durch die zwölf heiligen Nächte zu erleben. In diesem Jahr wäre es das 55e Mal gewesen, dass diese Feierlichkeiten in Moskau stattfanden. Wir wissen nicht ob dies noch möglich ist oder war.
Für Sergej Prokofieff führten diese Feierlichkeiten zu einer Vertiefung der geistigen Erkenntnisse Rudolf Steiners, mit dem er seit seiner Jugend eine innige geistige Verbindung hatte. Dadurch konnte er in all seinen Werken seine tiefe Sehnsucht nach Christus zum Ausdruck bringen. In dem hier oben genannten Buch inspiriert er uns die zwölf Heilige Nächten zu durchschreiten um den inneren Weg zum Christus zu finden.
Das Fest der Erinnerung
In dem Buch „Die zwölf heiligen Nächte und die geistigen Hierarchien” findet sich für jede Nacht eine Beschreibung der zwölf Sternensphären des Tierkreises. Stufenweise durchleben wir auf dieser kosmischen Leiter unsere Entstehungsgeschichte, wodurch Erinnerungen aus unserer Urvergangenheit geweckt werden. Die zwölf heiligen Nächte werden daher auch das Fest der Erinnerung genannt.
Die Bedeutung dieses Geisterinnerns wird auch im Grundstein-Spruch zum Ausdruck gebracht.
Dieser wurde in 1923 von Rudolf Steiner während der Weihnachtskonferenz am
25 Dezember in die Herzen der Menschen gelegt und beginnt mit dem Aufruf zum Geisterinnern. 3
Auch die ersten Worte des Johannesevangeliums hat Rudolf Steiner in meditativer Form wiedergegeben um uns dabei zu helfen unser Erinnerungsvermögen zu beleben. 4
„Im Urbeginne ist die Erinnerung
Und die Erinnerung lebt weiter,
Und göttlich ist die Erinnerung.
Und die Erinnerung ist Leben,
Und dieses Leben ist das Ich des Menschen,
Das im Menschen selber strömt.
Nicht er allein, der Christus in ihm.
Wenn er sich an das göttliche Leben erinnert,
Ist in seiner Erinnerung der Christus,
Und als strahlendes Erinnerungsleben
Wird der Christus leuchten
In jede unmittelbar gegenwärtige Finsternis.”
Die vier Adventswochen als Vorbereitungszeit
Sergej Prokofieff beschreibt 5 wie wir uns während der vier Adventswochen auf die Vervollkommnung/Verbesserung unserer Tugenden/Charaktereigenschaften richten können um uns auf die heiligen Nächte vorzubereiten. Dies können wir tun, indem wir unsere Aufmerksamkeit auf die Reinigung unseres Denkens, Fühlens und Wollens (unserer Seeleninstrumente) richten. Diese Läuterung der Seeleninstrumenten entfacht unser inneres Licht, mit dem wir unserer Mitmenschen erwärmen können, damit wir die Verkörperung des himmlischen Urbildes – die nathanische Seele mit einem paradiesischen Ätherkörper – die Geburt Jesu auf Erden, in würdiger Weise feiern können.
Die 1e Adventswoche steht im Zeichen der Gerechtigkeit/unserem Gewissen.
- Wir üben wahre Gerechtigkeit, wenn wir in Konfliktsituationen unseren eigenen Anteil daran objektiv, in aller Ehrlichkeit betrachten. So können wir das vergangene Jahr neu auf uns einwirken lassen um dort, wo es angebracht ist, unsere Gedanken/Ansichten zu reinigen. Auf dieser Weise kann der Zorn von damals nachträglich in milde Gerechtigkeit verwandelt werden.
Die 2e Adventswoche steht im Zeichen von Maßhalten und Besonnenheit.
- Ausgewogenheit/Gleichgewicht finden wir indem wir Maß halten. Nicht zu viel, nicht zu wenig.
Wir besinnen uns über dasjenige was uns gut tut und womit wir anderen was Gutes tun können.
Wir blicken auf das vergangene Jahr zurück und denken darüber nach wo wir Maßhalten konnten und wo uns das nicht gelungen ist. Dieses erworbene Bewusstsein ist der erste Schritt um Maßlosigkeit loslassen zu können.
Dazu gehört auch die Mitte zu finden zwischen – himmelhochjauchzend und zum Tode betrübt –. Wenn man gegenüber den Menschen und der Welt um sich herum – Unvoreingenommenheit und hoffnungsvollen Optimismus übt, entwickelt man Gelassenheit (die richtige Mitte) um fest im Leben stehen zu können.
Die 3e Adventswoche steht im Zeichen von Mut und Geistesgegenwart.
- Mit Mut objektiv/unvoreingenommen auf die eigenen Unvollkommenheiten zu blicken ohne sie zu verurteilen oder zu bedauern. Nur dann können diese Unvollkommenheiten sich lösen und Platz einräumen für eine höhere Entwicklung.
Geistesgegenwart bedeutet, dass man innerlich bewusst präsent ist in dem Wissen, dass der Geist in allem – in uns, und um uns herum – tätig ist.
Die 4e Adventswoche steht im Zeichen der Weisheit.
- Weisheit bedeutet; an sich selbst zu arbeiten. Weisheit gibt uns die Möglichkeit das Fruchtbare in unserem Mitmenschen wahrzunehmen.
Weisheit erfüllt uns mit Demut und Unvoreingenommenheit.
Wenn man in den Evangelien über das Leben Jesu liest, kann man verstehen, dass er die Weisheit selbst verkörperte.
Darum feiern wir mit der Geburt Jesu auch die Geburt der Weisheit auf Erden.
Die heiligen Nächte
Die erste heilige Nacht beginnt in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember mit der Geburt Jesu.
In dieser Nacht empfangen wir den Impuls der Christianisierung/Weisheit.
In jeder darauffolgenden Nacht betreten wir eine neue Sphäre, einen Weg der uns zu unserem göttlichen/geistigen Ursprung führt und uns darüber hinaus empfänglicher macht für die Aufnahme des Liebesimpulses; der Geburt Christi in uns.
Denn, wie Sergej O. Prokofieff beschreibt, dürfen wir die Weisheit die sich in uns entfaltet als den Körper betrachten in dem die Christusliebe geboren werden kann.
Dies ist das 7e.Jahr (2025-2026), in dem mein Mann Roland und ich innerlich verbunden mit der Beschreibung der 12 Sphären des Tierkreises – vom Zeichen Fische bis zum Zeichen Widder (das Lamm Gottes) – die heiligen Nächte durchleben. Diese Verbindung zu den Sphären – eine für jede der 12 Nächte – mit den Erläuterungen von Sergej Prokofieff, ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken.
Es ist ein besonderes Buch, und wir haben die Erfahrung gemacht, dass man beim Lesen nicht erwarten sollte, alles sofort zu verstehen, geschweige denn sich alles merken zu können. Aber langsam begannen wir im Laufe der Jahre ein Gefühl für die Sprache der Sterne (den Engelhierarchien), wie sie zu uns Menschen sprechen, zu entwickeln. Mit seinem Buch öffnete Sergej Prokofieff unser Herz für die Wunder, die in den großen Entwicklungsmöglichkeiten der Menschheit zu finden sind.
Ein geistiger Weg, nach dem wir uns alle bewusst oder unbewusst sehnen.
Fußnoten
1 Hans Stolp ist ein bekannter niederländischer Vortragender und Autor von zahlreicher Bücher über das esoterische Christentum.
Siehe seine Website: www.hansstolp.nl
2 Astrid Prokofieff: Ein Leben Für die Anthroposophie, Erinnerungen an Sergej O.Prokofieff.
3 F.W. Zeylmans van Emmichoven: Der Grundstein
4 Sergej O. Prokofieff: Der Kreislauf des Jahres als Weg zum ätherischen Christus, S. 118
5 Sergej O. Prokofieff: Die Bedeutung der zwölf heiligen Nächte.
Nachrichtenblatt für Mitglieder 15.12.2006 und 05.01. 2007
Kleiner Tipp für alle, die das Buch kaufen möchten.
Es ist praktisch, die Einteilung der zwölf Nächte mit dem richtigen Datum im Buch zu vermerken. Wir haben morgens den Text des Tierkreiszeichens gelesen, das zur bevorstehenden Heiligennacht gehört, und diese Tagsüber auf uns einwirken lassen. (Oder nur ein Detail das dich berührt.) Es ist eine wahre Entdeckungsreise, wobei man jedes Jahr neue Erkenntnisse gewinnen kann.
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